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Bundesfinanzhof: Neue Regeln zum steuerlichen Abzug der „Praxisgebühr“

– Gesetzlich Krankenversicherte zahlen pro Quartal 10 Euro Praxisgebühr, wenn sie einen Arzt oder Zahnarzt aufsuchen.

– Diese Aufwendungen sind grundsätzlich steuerlich abzugsfähig.

– Die Höhe des Abzugs richtet sich jedoch nach den individuellen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen.

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 18.07.2012 (X R 41/11) können diese Aufwendungen nicht als Sonderausgaben angesetzt werden. Denn hierzu zählen nur solche Ausgaben, die im Zusammenhang mit der Erlangung eines Versicherungsschutzes stehen. Das ist zum Beispiel bei den Beiträgen zur Kranken- oder Pflegeversicherung der Fall, jedoch nicht bei der Praxisgebühr. Die Frage, ob die Praxisgebühr wie zusätzliche Krankheitskosten im Rahmen der außergewöhnlichen Belastungen abgezogen werden können, ist vom Bundesfinanzhof offen gelassen worden.

Der Lohnsteuerhilfeverein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e. V. (VLH) empfiehlt daher den Steuerpflichtigen, die Praxisgebühren bei den außergewöhnlichen Belastungen anzusetzen. Denn bereits das Finanzgericht Baden-Württemberg hatte mit seiner Entscheidung vom 30.03.2011, Aktenzeichen 4 K 1053/09 diese Zuordnung entschieden.

Doch wie viel kann nun steuerlich abgezogen werden? „Dies kann nur individuell beantwortet werden“, so Jörg Strötzel, Vorsitzender der VLH. Denn eine sog. zumutbare Belastung, deren Höhe sowohl vom Gesamtbetrag der Einkünfte als auch von der Anzahl der Kinder abhängig ist, mindert die abziehbaren Kosten. Deshalb wird die geringe Praxisgebühr allein nicht abziehbar sein. Wenn aber weitere Krankheitskosten entstanden sind, wird die zumutbare Belastung häufig überschritten. „In der Summe ergeben sich dann zusätzliche steuerliche Abzugsmöglichkeiten“, so Strötzel weiter.

Um dieses Potenzial zu sichern, ist es wichtig, dass alle Nachweise für Zuzahlungen zu Medikamenten und Krankenhausaufenthalten, Arzt- und Zahnarztrechnungen, Fahrten zum Arzt mit dem eigenen Fahrzeug oder öffentlichen Verkehrsmitteln, sowie Aufwendungen für Hilfsmittel (z.B. Brillen und Hörgeräte) gesammelt werden, um den Grenzbetrag der zumutbaren Belastung zu übersteigen.

Ausführliche Informationen erhalten Arbeitnehmer in den bundesweit rund 2.800 örtlichen Beratungsstellen der VLH.

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