Unternehmensbewertung bei Tech-Startups: Eine Herausforderung
Warum Tech-Startups so schwer zu bewerten sind
Im Gegensatz zu etablierten Unternehmen verfügen Startups in der Regel nicht über belastbare Finanzkennzahlen, auf denen klassische Bewertungsverfahren basieren. Umsätze sind oft gering oder gar nicht vorhanden, operative Gewinne liegen meist noch in weiter Ferne, und der Markt befindet sich im Aufbau oder Umbruch.
Typisch für Tech-Startups ist zudem ein schnelles Wachstum, hohe Skalierbarkeit, aber auch ein hohes Risiko. Viele dieser Firmen setzen auf das Prinzip „Growth First, Profit Later“ – was eine fundierte Bewertung zur Wette auf die Zukunft macht.
Klassische Bewertungsmethoden und ihre Grenzen
Discounted Cashflow (DCF)
Die DCF-Methode basiert auf der Prognose zukünftiger Cashflows und deren Abzinsung. Sie ist theoretisch präzise – aber bei Startups, deren Cashflows oft Jahre in der Zukunft liegen und stark schwanken, extrem unsicher.
Multiples-Verfahren
Hierbei wird der Unternehmenswert durch Vergleich mit ähnlichen Unternehmen bestimmt. Doch gerade im Tech-Bereich sind Vergleichsunternehmen selten wirklich vergleichbar.
Substanzwertverfahren
Dieses Verfahren basiert auf dem bilanziellen Wert der Unternehmensgüter. Bei Tech-Startups, die vor allem immaterielle Werte besitzen, ist dieses Verfahren kaum anwendbar.
Alternative Bewertungsansätze für Tech-Startups
Venture-Capital-Methode
Diese Methode orientiert sich am erwarteten Exit-Wert und verwendet hohe Risikoabschläge. Sie ist besonders in frühen Phasen weit verbreitet.
Scorecard- und Checklist-Methoden
Diese qualitativen Verfahren bewerten Startups anhand von Faktoren wie Team, Markt, Produkt und Wettbewerbsvorteil. Besonders nützlich in der Seed-Phase.
Real Options Ansatz
Hierbei wird das Startup als Bündel von Optionen betrachtet. Der Ansatz ist hilfreich bei hoher Unsicherheit, aber rechnerisch sehr anspruchsvoll.
Psychologie, Marktstimmung und Hype-Faktor
Bewertungen sind auch psychologisch geprägt. Medienhype, prominente Investoren oder Trends können zu überhöhten Bewertungen führen. Narrative gewinnen dabei oft mehr Gewicht als harte Zahlen.
Diese Dynamik ist gefährlich – spektakuläre Fälle wie WeWork oder Theranos zeigen, wie fehlgeleitete Erwartungen in große Verluste münden können.
Die Rolle von Investoren und deren Erwartungen
Frühphaseninvestoren denken in Portfolios: Viele Investments scheitern, aber einige Wenige bringen extreme Rendite. Deshalb akzeptieren sie oft hohe Bewertungen, wenn die Skalierung realistisch erscheint.
Die Bewertung wird somit häufig zu einer Mischung aus Zahlen, Strategie und Verhandlung – nicht selten ein Deal auf Basis von Vertrauen und Potenzial.
Unternehmensbewertung als Balanceakt
Die Bewertung von Tech-Startups ist eine Kunst zwischen Mathematik, Marktverständnis und Intuition. Es gibt keine perfekte Methode – jede hat ihre Stärken und Schwächen.
Statt nach der „einen Wahrheit“ zu suchen, geht es darum, Annahmen transparent zu machen, Szenarien zu simulieren und Risiken bewusst zu akzeptieren. In einer schnelllebigen Tech-Welt zählt vor allem eines: das Denken in Möglichkeiten.
Quelle: ARKM Redaktion