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Versicherungsbranche vor der tariflichen Neuausrichtung

Im deutschen Versicherungswesen wird die geschlechtsspezifische Ungleichbehandlung der Versicherungsnehmer bald der Vergangenheit angehören. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat nun beschlossen, dass die Regelung der Versicherungstarife neu beschlossen werden müssen und so darf ab Ende 2012 das Geschlecht nicht mehr als Kriterium für die Berechnung der Versicherungsbeiträge herangezogen werden. Unter anderem sind alle privaten Krankenkassen in Deutschland dazu verpflichtet, die so genannten Unisex-Tarife einzuführen.

Bislang haben weibliche Versicherte bei privaten Krankenkassen das Nachsehen. Denn im Durchschnitt zahlen Frauen in der privaten Krankenversicherung um bis zu 25 Prozent höhere Beiträge. Grund hierfür ist zum einen die höhere allgemeine Lebenserwartung von Frauen und zudem geht aus Statistiken hervor, dass Frauen deutlich öfter zum Arzt gehen und durch mögliche Risiken einer Schwangerschaft ihrer Assekuranz höhere Kosten verursachen. Laut Europäischem Gerichtshof sind derartige „Risikofaktoren“ diskriminierend und können nicht als Berechnungsgrundlage für Versicherungsbeiträge dienen. Unabhängig vom Geschlecht vertrete jeder Mensch vielmehr ganz individuelle Vorstellungen von Gesundheit und Gesundheitsbewusstsein.

Einheitliche Tarife für beide Geschlechter

Auf Basis des Gleichstellungsgrundsatzes wurde in Luxemburg deshalb beschlossen, dass alle privaten Assekuranzen spätestens ab dem 21. Dezember 2012 ihren Versicherten einheitliche Tarife anbieten müssen, bei denen das Geschlecht bei der Berechnung der Tarifhöhe nicht berücksichtigt wird. Sowohl von der Versicherungsbranche als auch von den Verbrauchern wird der Beschluss des EU-Gerichts mit gemischten Gefühlen aufgenommen. Den Assekurranzen widerstrebt der Gedanke an die Einführung von Unisex-Tarifen und laut den Versicherungsunternehmen ist damit keine tatsächlich risikogerechte Absicherung mehr möglich. Zudem müssen die Versicherungsunternehmen ihr tarifliches Berechnungssystem komplett überarbeiten, was mit nicht unerheblichem Zeit-, Vewaltungs- und damit auch Kostenaufwand verbunden sein wird.

Die Versicherten befürchten hingegen vor allem steigende Kosten durch die tarifliche Neuausrichtung der Versicherungsbranche. Bislang kursieren unterschiedliche Prognosen hinsichtlich der zu erwartenden Beitragsentwicklung durch die Einführung der Unisex-Tarife. Während die einen mit steigenden Beiträgen für die männlichen Versicherten rechnen, erwarten andere vor allem sinkende Kosten für die weiblichen Versicherungsnehmer. Wiederum andere halten steigende Beiträge für alle Versicherten aufgrund der finanziellen Konsequenzen der tariflichen Neuausrichtung für realistisch.

Preis- und Leistungsvergleich unersetzlich

In jedem Fall raten Verbraucherschützer und Branchenkenner den Versicherten mehr denn je dazu, die jeweiligen Tarife der unterschiedlichen Assekuranzen miteinander zu vergleichen. Mit einem modernen und verbraucherfreundlichen Tarifrechner können auch Laien mit wenig Aufwand die verschiedene Tarife für eine Versicherung vergleichen und damit bares Geld sparen.

Wichtig beim Versicherungs-Vergleich: nicht nur der Preis zählt. Neben der Beitragshöhe sollte vor allem auch das angebotene Leistungsspektrum verschiedener Assekuranzen geprüft und miteinander verglichen werden. Denn was nützt schon ein besonders günstiger Tarif, wenn der Versicherte die teure Zahnbehandlung aus eigener Tasche finanzieren muss, weil die Krankenkasse die Kosten nicht übernimmt?

Sven Oliver Rüsche

Sven-Oliver Rüsche: Freiberuflicher Redakteur und regional verantwortlicher Korrespondent für den Mittelstand in Südwestfalen, Bergisches Land und Köln. Fachautor für Social Networks und Digitale Wirtschaft. Weitere Infos: www.sor.de

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