Berlin, 28.06.2012 „Krankenhäuser müssen Gewinne machen, nur so ist dauerhaft eine qualitativ hochwertige Patientenversorgung gewährleistet!“ Diese These vertritt der Bundesverband Deutscher Privatkliniken (BDPK), Berlin, dem rund 1.000 Krankenhäuser und Rehakliniken in privater Trägerschaft angehören. Gestützt sieht der Verband seine Auffassung durch eine heute veröffentlichte wissenschaftliche Studie des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung (RWI), Essen, in der Krankenhäuser nach ihrer Trägerschaft gegenübergestellt und verglichen werden.
„Es geht dabei gar nicht um die beste Trägerschaft sondern einzig um die Frage, wie die begrenzten finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen heute und in Zukunft möglichst sinnvoll und effizient eingesetzt werden“, erklärte Dr. Ulrich Wandschneider, Vizepräsident des BDPK und Vorsitzender der Konzerngeschäftsführung der Asklepios Kliniken heute in Berlin. Das Gutachten mache den politischen Handlungsbedarf deutlich und es zeige, dass wirtschaftlicher Erfolg von Krankenhäusern eng mit dem Erhalt und der Verbesserung der medizinischen Qualität und der von den Patienten erlebten Servicequalität in Zusammenhang stehe.
Für die jetzt veröffentlichte Neuauflage der erstmals im Jahr 2009 herausgegebenen Studie hat das RWI auf der Grundlage von umfangreichem Datenmaterial detaillierte empirische Analysen durchgeführt. Einer der Kernpunkte der Untersuchung ist die Feststellung, dass die Krankenhäuser wegen der abnehmenden und schon lange nicht mehr ausreichendenden Investitionsfinanzierung durch die Bundesländer einen Großteil der benötigten Investitionsmittel durch Gewinne aus der DRG-Vergütung selbst verdienen müssen.
Aber nur rund die Hälfte der deutschen Krankenhäuser erwirtschaften ausreichende hohe Gewinne, um ihre Unternehmenssubstanz zu erhalten. Und dies, obwohl sie für ihre Leistungen von den Krankenkassen keinen Cent mehr erhalten als andere.
Im Widerspruch dazu stehe, dass sich diese wirtschaftlich erfolgreichen Häuser – unabhängig von ihrer Trägerschaft – ständig zunehmender Kritik ausgesetzt sind: die Medizin sei nur am Profit statt am Nutzen für den Menschen ausgerichtet und die Patienten erhielten nicht die notwendige medizinische Behandlung. Es käme es zu unnötigen Behandlungen, die aus rein wirtschaftlichen Motiven erfolgen oder es würden Fangprämien an einweisende Ärzte gezahlt, so lauten die Vorwürfe. Die RWI-Studie zeigt am Beispiel der privatwirtschaftlich geführten Kliniken, wo die eigentlichen Ursachen für wirtschaftlichen Erfolg von Krankenhäusern liegen: sie sparen dort, wo es den Patienten nicht weh tut und sie leisten damit mehr für das Gemeinwohl als die Krankenhäuser, die Verluste machen, die aus Steuermitteln ausgeglichen werden müssen.
Gleichzeitig gibt es in den wirtschaftlich erfolgreichen Krankenhäusern keine Abstriche in der Qualität der Patientenversorgung und sie können dank der erzielten Gewinne wesentlich mehr in qualifiziertes Personal und die Modernisierung ihrer Einrichtungen investieren als andere. „Darin spiegeln sich letztlich auch die Erfahrungen aus 60 Jahren sozialer Marktwirtschaft wieder. Es zeigt sich, dass Vielfalt und Wettbewerb in einem Markt für den Bürger die besseren Ergebnisse gebracht haben als Staatswirtschaft. Deshalb dürfen Krankenhäuser nicht mit den Maßstäben von Behörden gemessen werden“, erklärte Dr. Michael Philippi, Vorstandsmitglied des BDPK und Vorstandsvorsitzender der Sana Kliniken AG.
„Wer ernsthaft eine am Patienten orientierte Gesundheitsversorgung will, muss Gewinnerzielung im Krankenhaus nicht nur zulassen, sondern sogar fördern!“ bemerkte Wolfang Pföhler, Vizepräsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft und Vorstandsvorsitzender der Rhön-Klinikum AG. „Denn ohne Gewinn keine Investition und ohne Investition keine Innovation und keine Arbeitsplatzsicherheit. Mit dem Vorurteil „Gewinnerzielung im Krankenhaus schadet der Qualität“ muss endgültig aufgeräumt werden!“, so Pföhler.
Der politisch gewollte Wettbewerbsdruck sei richtig, dürfe aber von der Politik nicht unbegrenzt in Richtung dauerhafter Unterfinanzierung erhöht werden. Die Schere zwischen Kosten und begrenzten Erlösen öffne sich immer mehr. Auch die stetig steigende Zahl der Krankenhauspatienten sei kein von den Kliniken allein verursachtes Phänomen. Völlig unterschätzt würden die Auswirkungen des medizinischen Fortschritts und der alternden Bevölkerung, die immer häufiger an schweren Erkrankungen leide. Niemand lasse sich letztlich ohne echte Beschwerden ein künstliches Hüftgelenk einsetzen, nur weil es den Krankenhäusern Gewinne bringen könnte. Deshalb, so die BDPK-Repräsentanten, müsse vor allem ein Wettbewerb um die beste Versorgungsqualität im Vordergrund stehen.
Sie sehen sich damit in absoluter Übereinstimmung zu der Empfehlung des Sachverständigenrates zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen (SVR) aus der vergangenen Woche. Sinnvoll seien Wettbewerbsstrukturen, die vom Patienten her gedacht sind. Dazu müssten die Ergebnisse der Qualitätssicherung laienverständlich transparent gemacht und verglichen werden. Eine entsprechende Initiative haben die Kliniken in privater Trägerschaft bereits vor zwei Jahren mit dem Internetportal www.qualitätskliniken.de gestartet.
Weitere Details der Studie
Anders als von Privatisierungs-Kritikern oftmals behauptet, wird in privat geführten Krankenhäusern nicht am Personal gespart, so die RWI-Studie. Im Gegenteil: Um den einzelnen Patienten kümmern sich in Krankenhäusern in privater Trägerschaft durchweg mehr Ärzte und Pflegefachkräfte als in öffentlichen oder freigemeinnützigen Krankenhäusern. Dass sogenannte Sekundärdienste, wie etwa die Reinigung, Küche, Labor oder Hol- und Bringdienste bei den Privaten häufiger durch externe Dienstleister übernommen werden („Outsourcing“), erhöhe die Leistungsfähigkeit des medizinischen Personals in den patientennahen Bereichen. Zudem werde durch intelligent gestaltete Arbeitsabläufe die Produktivität verbessert und es könnten Ineffizienzen reduziert werden, folgern die Wissenschaftler.
Auch dem Vorwurf der „privaten Rosinenpickerei“ gingen die RWI-Experten nach. Ihr Ergebnis: Anders als oft dargestellt, übernahmen die privaten Träger in der Vergangenheit keine lukrativen Krankenhäuser sondern nahezu ausschließlich solche, die in der vorherigen Trägerschaft defizitär waren. Zudem zeigt die Verteilung der Krankenhäuser auf der Landkarte, dass sich die privaten Träger im ähnlichen Maße an der ländlichen Grundversorgung wie die Nicht-Privaten beteiligen.
Auch eine gezielte „Patientenauswahl“ sei nicht zu erkennen, vielmehr liege das Durchschnittsalter der behandelten Patienten ebenso wie der Krankheitsschweregrad in privaten Krankenhäusern sogar noch höher als bei anderen. Ähnliches gilt für den Anteil von gesetzlich und privat versicherten Patienten: er ist bei den privaten nahezu identisch mit der bundesweiten Verteilung aller Krankenhäuser. Das widerlegt die Unterstellung, private Krankenhausträger seien an der Behandlung von privat versicherten Patienten besonders interessiert, weil sie eine höhere Vergütung versprechen.
Dass private Krankenhausträger im gleichen Maße Verantwortung in der medizinischen Versorgung übernehmen wie andere Träger, zeigt sich auch bei der Vorhaltung der medizinisch-technischen Infrastruktur, gemessen an der Zahl der medizinischen Großgeräte. Hier hat das RWI kaum trägerspezifische Unterschiede festgestellt. Im Bereich der Intensivbetten leisten die Privaten sogar einen überdurchschnittlichen Beitrag zur Behandlung von schwer erkrankten Patienten und somit auch zur Sicherstellung der (Notfall-)Versorgung.