AktuellFeatured

In Lateinamerika hungern Millionen von Menschen

Karlsruhe (ots) – Der Pferdefleisch-Skandal hat Verbrauchern in ganz Europa eines deutlich vor Augen geführt: Die Schnäppchenmentalität vieler Menschen, die sich inzwischen auch beim Lebensmittelkauf durchgesetzt hat, kann zu Verbrauchertäuschung und Qualitätseinbußen führen. Wer also wissen möchte, was auf seinem Teller landet, muss auf Qualität setzen und wieder mehr Geld für Lebensmittel ausgeben. 1950 investierten – laut dem statistischen Bundesamt – deutsche Verbraucher 44 Prozent ihres Nettoeinkommens für den Kauf von Nahrungs- und Genussmitteln. Heute sind es nur noch rund 14 Prozent.

Quellenangabe: "obs/nph deutschland e.V."
Quellenangabe: „obs/nph deutschland e.V.“

Scheinbar im Gegensatz zum Sparen beim Lebensmittelkauf, steht die Verschwendung: Pro Kopf werden in deutschen Privathaushalten jährlich mehr als 80 Kilogramm Lebensmittel entsorgt, während, laut dem Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen, jedes Jahr rund 8,8 Millionen Menschen verhungern. Dies entspricht einem Todesfall alle drei Sekunden. Noch höher ist die Zahl derjenigen, die hungern. Weltweit haben, so das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln, rund 925 Millionen Menschen nicht genügend zu essen. 53 Millionen davon leben in Lateinamerika. Diese Menschen sind arm und müssen mitunter rund 70 Prozent ihres Einkommens für den Kauf von Lebensmitteln opfern – sofern sie überhaupt eine Arbeitsstelle und damit ein Einkommen haben.

Verteuerung von Nahrungsmitteln hat viele Gründe

Die in den letzten Jahren steigenden Weltmarktpreise, insbesondere für Nahrungsmittel, haben die Armutsproblematik in den Entwicklungs- und Schwellenländern in Lateinamerika noch verschärft. Allein im letzten Jahr stiegen die Weltmarktpreise für Mais und Weizen um 25 Prozent. Die Ursachen für die Teuerung von Nahrungsmitteln sind vielfältig. Steigende Preise entstehen zum einen durch Naturkatastrophen, bei denen Ernten zerstört werden. Zum anderen führen veränderte Ernährungsgewohnheiten, wie beispielsweise der höhere Fleischverzehr in Industrienationen dazu, dass traditionelle Grundnahrungsmittel wie Mais als Futtermittel verwendet werden. Die „künstliche Verknappung“ führt zu einer Preiserhöhung. Spekulationsgeschäfte mit Nahrungsmitteln an den Warenterminbörsen tragen ebenfalls dazu bei, dass Konsumenten, insbesondere in Entwicklungs- und Schwellenländern, beim Einkauf tiefer ins Portemonnaie greifen müssen.

Kleinbäuerliche Produktion in Entwicklungsländern rechnet sich oft nicht

Die Subvention der Landwirtschaft in vielen Industrienationen führt zu Überproduktion und zum Export von Nahrungsmitteln auch in Entwicklungs- und Schwellenländer. Dort müssen die Waren verzollt und zum Verbraucher transportiert werden. Das gestaltet sich mitunter als schwierig. Bolivien beispielsweise verfügt über keinen eigenen Zugang zu Meer. Lebensmittel müssen über tausende von Kilometern transportiert und wenn nötig gekühlt werden. Die Kosten für Benzin und Kühlung schlägt der Händler auf den Endpreis. Der Verbraucher muss „die Zeche“ zahlen. Das fällt Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, schwer.

Dennoch sind importierte Nahrungsmittel in Lateinamerika oft günstiger als im Land produzierte, weil die kleinbäuerliche Landwirtschaft kostenextensiv ist, keinerlei Subventionen erhält und der Weg zum Markt in der Stadt oft weit und dadurch sehr teuer für den Bauern ist. Viele Kleinbauern in Lateinamerika gehören zu der Gruppe Menschen, die Hunger leiden müssen, insbesondere wenn die Ernte schlecht ausfällt. Und weil die Bevölkerung in Industrieländern Lebensmittel günstig einkaufen möchte, erhält der Kaffeebauer in Nicaragua nur selten einen gerechten Preis für sein Produkt. Über den freien Welthandel können ganze Länder von Importen abhängig werden. Haiti ist hierfür ein bedrückendes Beispiel. Laut Auswärtigem Amt standen 2011 Importen im Wert von 3,35 Mrd. US-Dollar Exporte im Wert von nur 721 Mio. US-Dollar gegenüber.

Auch „Mikrokosmen“ wie Kinderdörfer sind von Preisschwankungen betroffen

Die Armut ist in vielen Ländern in Lateinamerika greif- und sichtbar. Um Waisen und Not leidenden Mädchen und Jungen eine Zukunftsperspektive zu eröffnen, baute nuestros pequeños hermanos (nph) 1954 in Mexiko das erste Kinderdorf. Inzwischen leben 3.500 Kinder in elf Kinderdörfern in Mexiko, Honduras, Haiti, Nicaragua, Guatemala, El Salvador, der Dominikanischen Republik, Peru und Bolivien. Jedes Kinderdorf hat – je nach Größe und Anzahl der dort lebenden Kinder – einen bestimmten Finanzbedarf und benötigt ein jährliches Budget. Die Preisschwankungen in Lateinamerika und die Verteuerung von Nahrungsmitteln haben in den letzten Jahren allerdings dazu geführt, dass die Budgets nicht mehr ausreichten. Dadurch wurde die Versorgung der Kinder mit Essen, zu einem täglichen Ringen.

Um die hohen Lebensmittelkosten besser kompensieren zu können, bauen inzwischen viele der Kinderdörfer eigenes Obst und Gemüse an. Einige haben sogar eine eigene Landwirtschaft aufgebaut, damit die Mädchen und Jungen auch mit Fleisch versorgt werden können. Für sie ist eine gesunde Ernährung sehr wichtig. Viele von ihnen sind Waisen. Andere stammen aus armen Familien. Viele Mädchen und Jungen sind, wenn sie zu nph kommen, unter- oder fehlernährt. Mit spezieller Nahrung werden sie zunächst aufgepäppelt, damit ihre Körper langsam gesunden und sich wieder aufbauen können. Doch nicht nur für die Kinder in Lateinamerika gilt: Eine gute und gesunde Ernährung ist eine Voraussetzung für eine optimale kindliche Entwicklung und die Basis für ein langes Leben.

Deshalb ist die Zielsetzung der Kinderdörfer, dass sie langfristig so viele Nahrungsmittel wie möglich selbst produzieren können, damit sich eine weitere Verteuerung der Nahrungsmittel nicht mehr so gravierend auf die Budgets auswirken kann, wie es in der Vergangenheit der Fall war.

nuestros pequeños hermanos schenkt Waisen, verlassenen und misshandelten Kindern in Lateinamerika seit 1954 ein liebevolles Zuhause. Die meisten Kinderdörfer haben eigene Schulen, Ausbildungswerkstätten und medizinische und therapeutische Einrichtungen. Seit der Gründung des ersten Kinderdorfes sind bereits 16.700 Mädchen und Jungen bei nph aufgewachsen. Darüber hinaus unterstützt das internationale Kinderhilfswerk noch weit über 250.000 andere Not leidende Menschen in den Projektländern.

Ähnliche Artikel

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Ich willige ein, dass meine Angaben aus diesem Kontaktformular gemäß Ihrer Datenschutzerklärung erfasst und verarbeitet werden. Bitte beachten: Die erteilte Einwilligung kann jederzeit für die Zukunft per E-Mail an datenschutz@sor.de (Datenschutzbeauftragter) widerrufen werden. Weitere Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Schaltfläche "Zurück zum Anfang"