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BVDW zur EU-Datenschutzreform: Überregulierung statt Rechtssicherheit

Düsseldorf – Am 14. April verabschiedete das EU-Parlament die Datenschutz-Grundverordnung. Für die Digitalwirtschaft und für europäische Nutzer ist dieser Beschluss perspektivisch ein Rückschritt. Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. stellt fest: Die Verordnung lässt ein Verständnis der heutigen Informationsgesellschaft ebenso vermissen wie notwendige Differenzierungen und Risikoabstufungen im Umgang mit Daten. Von der Bundesregierung erhofft sich der Verband nun Augenmaß bei der Harmonisierung mit nationalem Recht.

Die Datenschutz-Grundverordnung erweitert den Anwendungsbereich des Datenschutzes, lässt zugleich aber eine für die Digitalwirtschaft notwendige Risikodifferenzierung komplett außer Acht. Das Internet als wirtschaftlicher Wachstumsmotor wird im Ergebnis überreguliert, die Wettbewerbsfähigkeit Europas im globalen Wettbewerb deutlich begrenzt. Zusätzlich führt die Reform zu einer stärkeren Überforderung der Nutzer und zu mehr Bürokratisierung. Der Datenschutz verliert zugleich an Effektivität. Anstelle ausgewogener Konzepte für echte „privacy by design“ bleibt nach wie vor die Einwilligung der Nutzer maßgeblich. Bereits erfolgreiche Ansätze wie Pseudonymisierung und Verschlüsselung sind nicht ausreichend implementiert.

Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V./Foto: Guido Engels
Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V./Foto: Guido Engels

Die Verordnung tritt zwei Jahre und 20 Tage nach der Veröffentlichung im Europäischen Amtsblatt in Kraft. Die Verordnung muss also bis 2018 mit dem nationalen Recht harmonisiert werden. An einem entsprechenden Rechtsbereinigungsgesetz arbeitet das Bundesministerium des Innern bereits. Ein Referentenentwurf wird noch vor der Sommerpause erwartet. Thomas Duhr, Vizepräsident des BVDW, hofft auf eine schnelle Umsetzung durch die Politik in Abstimmung mit Digitalexperten: „Deutschland war schon immer ein Land der Innovatoren und die Politik hat in den letzten Jahren bewusst Gründergeist gefördert. Um diese Aufbruchsstimmung zu erhalten, müssen die federführenden Ministerien die Datenschutz-Grundverordnung mit geltendem nationalen Recht in Einklang bringen.“ Die deutsche Wirtschaft braucht schnell klare und umsetzbare Handlungsvorgaben, so Duhr. Dafür ist ein Dialog mit den Experten aus der Wirtschaft sowie Nutzern zwingend notwendig.

Auch Unternehmen müssen sich mit der Umsetzung der europäischen Verordnung befassen und ihre Geschäftsprozesse grundlegend prüfen. In den nächsten Monaten erwartet der BVDW viele interne Audits. „Weniger Gestaltungsspielraum und mehr Informations- und Dokumentationspflichten stellen Unternehmen künftig vor eine große Herausforderung. Stabilität und Rechtssicherheit sind jetzt das A und O für eine gute Umsetzung“, so Duhr.

Grundsätzlich begrüßt der BVDW einen differenzierten und europaweit harmonisierten Umgang mit Daten: „Natürlich müssen bei jedem Gebrauch von Daten insbesondere in digitalen Welten die Notwendigkeit zwischen Datenerhebung und persönlichen Rechten abgewogen werden. Aus unserer Sicht ist die europäische Wirtschaft hier bereits stark sensibilisiert.“

Die Datenschutzreform hätte noch weit stärker zum Anlass genommen werden müssen, zeitgemäße Leitlinien für den Umgang mit dem heutigen Datenreichtum zu finden. Diese Chance hat die EU verpasst, so Duhr: „Die Datenschutz-Grundverordnung offenbart auf EU-Seite keine Politik des Schutzes, sondern eine Politik der Verhinderer. Sie wird den Standort Europa im internationalen Digital-Wettrennen weiter ausbremsen. Dringend für das europäische Wachstum benötigte Innovationen werden im Keim erstickt.“

Aus Nutzersicht ist die Regulierung ein echter Rückschritt. Der differenzierte und intelligente Einsatz von Daten hat bereits in der Vergangenheit zu Innovationen und Erfindungen geführt, die den Alltag maßgeblich verbessert haben. Mit der Regulierung konterkariert der Gesetzgeber sein Streben nach Datensparsamkeit und überfordert die Nutzer. Durch ein strenges Einwilligungserfordernis werden sie fortan noch häufiger login-basiert surfen. Die Folgen sind überbordende Informations- und Dokumentationspflichten für Unternehmen und ein häufigeres Offenlegen von Klardaten für Nutzer.

Quelle: Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V.

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