Nachfolge und Verkauf planen
Digitale Technologien, KI und Prozess-Automatisierung steigern den Unternehmenswert
Rund 500.000 Unternehmen stehen in den nächsten zehn Jahren zum Verkauf oder müssen eine interne Nachfolgeregelung finden. Für die Unternehmer und deren Familien bedeutet dieser Schritt nicht selten die Vollendung eines Lebenswerks. Und damit verbunden ist die Frage, welchen Ertrag ein Verkauf bringt. Davon wiederum hängt ab, wie der eigene Ruhestand aussieht und sich gestalten lässt. In vielen Fällen, insbesondere bei kleinen Familienunternehmen, steckt das gesamte Kapital im Unternehmen. Misslingt die Nachfolge oder wird nicht der gewünschte Ertrag erzielt, könnten Träume platzen. Für viele Unternehmer ist die Nachfolgefrage deswegen existenziell.
Unternehmensnachfolge dauert bis zu fünf Jahre
Eine gute Nachfolge braucht etwa fünf Jahre von der Entscheidung zum Verkauf bis zu dem Punkt, an dem der Nachfolger eingearbeitet ist und eigenständig erfolgreich das Unternehmen führen kann. Der typische Nachfolger ist Anfang, Mitte 60, wenn er sehr früh an seinen Ausstieg denkt, vielleicht Ende 50, in jedem Fall also ein Alter, in dem man sich neue große finanzielle Investitionen und strukturelle Umwälzungen sehr genau überlegt. Was lohnt sich noch, wenn ich ohnehin verkaufen möchte? Welches Risiko kann und darf ich noch eingehen, im eigenen Interesse, aber auch im Sinne des Unternehmens und des potenziellen Nachfolgers? Warum sollte ich überhaupt diesen Schritt noch gehen, soll sich doch der Nachfolger kümmern? Diese Fragen stellen sich aktuell viele Unternehmer, insbesondere in einer Zeit, die technologisch revolutionär ist und sich Disruption nicht mehr in Jahren, sondern in Tagen abspielt. Jede Woche kommen neue KI-Modelle und KI-Anwendungen auf den Markt, die jede für sich das Potenzial hat, Prozesse und Branchen zu verändern. Da fällt es schwer, Entscheidungen zu treffen.
Nachfolger investieren in die Zukunft, nicht in die Gegenwart
Allerdings: Nachfolger investieren in die Zukunft, nicht in die Gegenwart, und schon gar nicht in eine glorreiche Vergangenheit. Die Zukunft ist nun einmal digital. Nichts tun ist also keine Option. Zumindest eine Idee davon, wie sich das Geschäftsmodell zukünftig digitalisieren lässt und wie KI die eigenen Produkte und Service-Leistungen nach vorne bringen könnte, sollte jeder Unternehmer entwickeln – zumal jeder, der nicht nur operativ agiert, sondern der sein Unternehmen als Vermögenswert betrachtet, den es zu erhalten und zu steigern gilt. Es muss eine Vision entwickelt werden, die einem Nachfolger plausibel erscheint. Und es müssen erste Schritte zur Umsetzung dieser Vision gegangen werden.
Nachfolgestrategie muss KI und Datenmanagement beinhalten
Das bedeutet im ersten Schritt, alle Prozesse zu analysieren. Was kann weg und was ist zukunftsfähig? Es ist niemals sinnvoll, alle Prozesse zu digitalisieren, denn im Laufe der Jahre hat sich in jedem Unternehmen viel „Unsinn“ nach dem Motto „Das haben wir immer schon so gemacht und es funktioniert ja auch“ angesammelt. Und Unsinn verdient nicht, digitalisiert zu werden. Aufräumen ist also angesagt. Prozesse entschlacken und optimieren – und dann digitalisieren, was Potenzial hat.
Das gilt auch für Daten. Obwohl alle von Digitalisierung sprechen, gibt es Unmengen an überflüssigen Daten in Unternehmen. Und die Daten, die nicht überflüssig sind, sind meist nicht in einer Struktur, in der neue KI-Systeme sie sinnvoll verwerten können. Auch hier ist also aufräumen, sortieren und strukturieren angesagt.
Unternehmenswert hängt von Future-Readyness ab
Zudem müssen alle Prozesse – seien Sie digital, manuell oder technisch – dokumentiert und damit nachvollziehbar sein. Wissen ist nichts wert, wenn es nicht dokumentiert ist. Prozesse sind nichts wert, wenn sie nicht objektiv von jedem nachvollzogen werden können. Saubere Prozesse steigern den Unternehmenswert und machen das Unternehmen „future-ready“. Und saubere Prozesse brauchen in einer digitalen Welt saubere Daten und Datenstrukturen. Der Rest ist dann entweder IT oder KI, die man zukaufen oder als Software as a Service abonnieren kann.
Unternehmenswert steigern durch Prozess-Dokumentation
Die Basis für einen lukrativen Unternehmensverkauf liegt, zumindest auf der technologischen Ebene, in der Optimierung und Dokumentation von Daten und Prozessen sowie in der Entwicklung eines digitalen Geschäftsmodells – ein durchaus strategischer Vorgang. Die Themen sind interdependent und greifen tief in das Unternehmen und die systemischen Zusammenhänge ein. Sich hier Unterstützung zu suchen, ist in aller Regel sinnvoll, schon allein, um sich aus der eigenen Betriebsblindheit zu befreien.
Unternehmensverkauf strategisch planen
Ist diese Aufräum- und Dokumentationsarbeit erledigt, kann man die Frage nach weiteren Investitionen neu bewerten. Den Unternehmenswert hat man damit allemal schon gesteigert, weil der Nachfolger ein strukturiertes Gefüge übernehmen kann.
Ein Unternehmen verkaufen, kein Trümmerfeld
Die genannten Basisaufgaben aber lassen sich nur selten auf den Käufer übertragen, Er muss zwar die Zukunft selbst in die Hand nehmen, aber man kann nicht von ihm verlangen, Strukturen zu übernehmen, die weitgehend nur auf den Vorgänger zugeschnitten sind. Wer diese Hausaufgaben nicht macht, der verkauft kein Unternehmen, sondern ein Trümmerfeld. Es ist wie bei einem Gebrauchtwagen: der soll scheckheftgepflegt, TÜV-geprüft, begutachtet und mit einer Garantie versehen sein. Das zumindest wollen die meisten Gebrauchtwagenkäufer. Bastler, die Schrottautos kaufen, um sie als Ersatzteillager zu nutzen oder komplett zu renovieren, gibt es nur wenige – und sie zahlen dann auch nur sehr wenig.
Digitale Geschäftsmodelle sind Teil der Nachfolgeplanung
Wer kein zukünftig digitales Geschäftsmodell zumindest skizzieren kann, wird es schwer haben, einen guten Verkaufspreis zu erzielen. Selbst im Handwerk, bei Beratungsunternehmen und Dienstleistungen werden KI und Robotik demnächst eine Rolle spielen. Diese Entwicklung zu verschlafen, bedeutet sein Lebenswerk zu riskieren. Die Basis für alles sind valide Daten. Sie sind es auch, die die Erkenntnis reifen lassen sollten, noch vor einem Verkauf in digitale Grundlagen und KI-Modelle zu investieren.
Über den Autor
Thorsten Luber ist MiNa-Kolumnist, Diplom-Kaufmann sowie Gründer und Inhaber von Luber Consulting, einer spezialisierten Strategieberatung für den Mittelstand in der DACH-Region. Die Beratungsgebiete von Luber Consulting sind Existenzgründung, Wachstum, Strategie sowie Unternehmensnachfolge und Unternehmensverkauf. Thorsten Luber ist Gründer der Nachfolgeinitiative www.nachfolge-chance.de und als „Top-Experte“ durch das „Erfolg Magazin“ ausgezeichnet. Er hat unter anderem Spitzenunternehmen wie BMW, BASF, DHL, Fresenius Medical Care und Boehringer Ingelheim in strategischen Projekten beraten und begleitet. Das in Bonn ansässige Beratungsunternehmen hat mehrere Mitarbeiter und legt besonderen Wert auf eine nachhaltig wirksame Begleitung in Projekten.
Weitere Informationen unter https://luber-consulting.com.