Finanzwesen

Wie dramatisch wäre der Brexit?

Die Zweifel an Sinn oder Unsinn der Mitgliedschaft in der EU sind in Großbritannien nichts Neues. Besonders aktuell ist die Frage immer bei den jährlichen Verhandlungen zum EU-Haushalt. Strittig ist hier vor allem die Arbeitsrichtlinie der Europäischen Union, die den Unternehmern aus dem Königreich jedes Jahr fast 2 Milliarden Pfund kosten.

Nun ist es so weit. Am 23. Juni 2016 hält die britische Regierung ein Referendum zum Thema „Brexit“ (zusammengesetzt aus „Britain“ und „Exit“) ab. Dann liegt es also in der Hand der Bürger, ob das Vereinte Königreich weiterhin Mitglied der EU bleibt oder austritt.

Quelle: https://pixabay.com/en/eu-euro-europe-european-flag-63985/
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Die Folgen eines Austritts sind noch nicht wirklich abzusehen, aber Experten befürchten, dass bei einem Brexit ein Einbruch des britischen Pfunds und eine Stagnation oder gar ein Rückgang des Wirtschaftswachstums nicht zu verhindern wäre. Ausländische Investoren würden zumindest am Anfang erst mal von größeren Geschäften in Großbritannien absehen und die Entwicklung abwarten. Außerdem ist ein einheitlicher Markt für Investoren leichter zu überschauen und zu beurteilen.

Neben sinkenden Investitionen in britische Unternehmen würde sich der Brexit ganz sicher auch massiv auf den Export auswirken. Auch das Konsumverhalten der Briten würde sich erst mal negativ verändern, was wiederum Auswirkungen auf das Bruttoinlandsprodukt hätte. Es würde definitiv zu einer politischen und wirtschaftlichen Krise kommen, allein deren Ausmaße sind nicht so einfach vorauszusagen. Einige Experten befürchten aber, dass sich der allgemeine Wohlstand um geschätzte 56 Milliarden Pfund reduzieren und das BIP in den kommenden zwei Jahren auf unter 1,5 % sinken würde.

Relativ einig ist man sich auch über die Auswirkungen auf dem Forex Markt. Ein Wertverlust des britischen Pfunds wäre unausweichlich. Die Währungsexperten gehen hierbei von einem Verlust von bis zu 20 % aus. Alleine die Ankündigung des Referendums und die somit gestiegene Chance eines Brexit hat sich auf den Pfund ausgewirkt. So ist das britische Pfund in den vergangenen drei Monaten von $1,52 auf teilweise unter $1,40 abgestürzt. Für clevere Devisenhändler, die es verstehen Forex Signale richtig einzusetzen, brechen nun hingegen rosige Zeiten an. Die Unsicherheit und die Spekulationen werden das Pfund Sterling weiter auf und ab gehen lassen und wenn man den Ausgang des Referendums erahnen kann, kann man sich damit sicher eine goldene Nase verdienen.

Bei der Frage, ob sich der Brexit negativ auf den Euro und die Euro-Zone auswirken würde, gehen die Expertenmeinungen allerdings auseinander. Einige Experten vertreten die Meinung, dass sich der Brexit zwar in wirtschaftlicher Hinsicht negativ auf die Euro-Zone auswirken würde, aber den Forex Markt nicht wirklich erschüttern würde und dieser sich nach relativ kurzer Zeit wieder erholen würde. Befürworter des Brexits sind auch der Meinung, dass sich am Tagesgeschäft nicht viel ändern wird, wenn Großbritannien als Partner der EU unter Handelsabkommen und anderen Verträgen agiert.

Quelle: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:David_Cameron_(cropped).jpg
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Andere Stimmen behaupten hingegen, dass gerade diese Aussicht auf die negativen Auswirkungen auf den Wirtschaftshandel den Wert des Euros bereits vor dem Stattfinden des Referendums nach unten ziehen wird. Allerdings rechnet man hier nicht mit den gleichen Verlusten wir beim britischen Pfund, aber immer noch genug, um der Euro-Zone erhebliche Schäden zufügen zu können. Auch werden in Deutschland Stimmen laut, die den Austritt Großbritanniens, eben eine der stärksten Wirtschaftsnationen der EU, schon alleine deshalb nicht begrüßen würden, da mit den Briten ein starker Partner am Verhandlungstisch zu Reformen und Abkommen fehlen würde.

Der britische Premierminister David Cameron hat in den letzten Tagen mehrfach betont, dass die Verhandlungen mit den anderen EU-Mitgliedern ausgesprochen gut verlaufen sind. Von ihm wird es ein überzeugendes Ja zum Verbleib Großbritanniens in der EU geben und er hofft, dass er seine Landsleute davon überzeugen kann, dass das die beste Entscheidung für ihr Land ist. Die endgültige Entscheidung wird aber erst im Juni fallen und bis dahin müssen viele Briten sich noch entscheiden, wo sie sich und ihr Land in Europa sehen.

Sven Oliver Rüsche

Sven-Oliver Rüsche: Freiberuflicher Redakteur und regional verantwortlicher Korrespondent für den Mittelstand in Südwestfalen, Bergisches Land und Köln. Fachautor für Social Networks und Digitale Wirtschaft. Weitere Infos: www.sor.de

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