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Resilience Barometer 2022: Liquiditätsengpässe

Die multiplen Bedrohungen in diesem Jahr können selbst robuste Unternehmen überfordern. Bei Zinserhöhungen, auslaufenden Staatshilfen und weiterer konjunktureller Eintrübung kann durch kurzfristige Insolvenzen ein Domino-Effekt entstehen. Nur eine Minderheit der Unternehmen hat sich seit Jahresbeginn mit liquiditätsorientierten Maßnahmen darauf vorbereitet. Ein möglicher Grund: Viele Probleme wurden bereits vor Monaten antizipiert – allerdings nicht in der drastischen Ausprägung, wie sie heute auf die Wirtschaft treffen. Das ist das Ergebnis des aktuellen Resilience Barometers 2022, in dem die Unternehmensberatung FTI Consulting 3.314 Entscheiderinnen und Entscheider von Unternehmen aus den G20-Staaten befragt hat.

  • Fast jedes fünfte Unternehmen schon zu Jahresbeginn unter Druck
  • 24 Prozent haben weltweite Energieknappheit als Bedrohung identifiziert
  • Eins von drei Unternehmen hat bereits mit der Optimierung des Cashflow Managements begonnen

„Waren sie zuletzt in der öffentlichen Debatte fast wieder in Vergessenheit geraten, könnten die sogenannten ‚Zombie-Unternehmen‘ in den nächsten Monaten für große Belastung von Volkswirtschaften, gerade auch der deutschen, sorgen“, sagt Ralf Winzer, Vorstand von FTI-Andersch. „Zombie-Unternehmen“ werden laut OECD Firmen genannt, die drei Jahre infolge nicht in der Lage sind, aus dem operativen Ergebnis ihre Zinsen zu zahlen. „Kreditvergaben sind nicht nur nachweislich teurer geworden“, sagt Ralf Winzer. „Wir beobachten auch eine restriktivere Vergabe seitens der Finanzierer. Nach einem Rückgang der Insolvenzen in den letzten Quartalen könnte sich dieses Bild kurzfristig verändern.“

Energiepreise und Inflation wurden im Resilience Barometer als große Bedrohungen gesehen – allerdings nicht von der Mehrheit

Dabei sind die Unternehmen eher verhalten ins Jahr 2022 gestartet. Im FTI Resilience Barometer 2022 hat weltweit nur knapp mehr als die Hälfte der Unternehmen angegeben, wieder zu wachsen – in Deutschland waren es genau 50 Prozent. Fast jedes fünfte deutsche Unternehmen (17 Prozent) war nach eigener Angabe schon zu Jahresbeginn unter Druck (weltweit: 7 Prozent). 39 Prozent der befragten Unternehmen haben angegeben, aufgrund der Pandemie weniger profitabel zu sein.

Schon vor dem Ukraine-Krieg waren steigende Energiepreise die größte Sorge deutscher Unternehmen: 37 Prozent hatten dies angegeben. Ein Viertel (24 Prozent) hatte sogar bereits eine weltweite Energieknappheit auf dem Zettel. Der gleiche Prozentsatz hatte schon zu Jahresbeginn die Inflation nicht als vorübergehend, sondern als größere Problematik eingeordnet. 13 Prozent haben eine zu hohe Staatsverschuldung als Herausforderung benannt.

Ralf Winzer sagt: „Die Zahlen verdeutlichen, dass die jetzt teils drastischen Probleme bereits vor dem Ukraine-Krieg benannt worden sind. Allerdings von einer Minderheit der Unternehmen – kein Problem wurde von einer Mehrheit identifiziert. Dementsprechend haben auch jeweils Minderheiten frühzeitige liquiditätsorientierte Vorkehrungen getroffen. Das Gros der Unternehmen versucht unserer Beobachtung nach aktiv, einen neuen Modus Vivendi nach der Pandemie – aber in einer noch viel komplizierteren Weltlage – zu finden.“

Über den Tellerrand hinausschauen

31 Prozent der im Resilience Barometer befragten Unternehmen haben ihr Cashflow Management verbessert, jeweils ein Viertel hat Investitionen reduziert, Personal abgebaut und Nicht-Kernbereiche des Geschäfts abgestoßen. 24 Prozent mussten ihr Angebot reduzieren, 21 Prozent haben sich Luft bei der Bedienung ihrer Verbindlichkeiten verschafft.

„Der ein oder andere hatte in der auslaufenden Pandemie-Phase sicherlich gehofft, dass alles wieder einfacher von der Hand gehen würde“, sagt Ralf Winzer. „Wer das nicht geglaubt und entschieden hat, das eigene Geschäft und die dahinterliegenden Prozesse weiter anzupassen, ist in der jetzigen angespannten Situation in einem eindeutigen Vorteil.“

„Ein besonderes Augenmerk sollten Unternehmen darauf legen, inwieweit sie als Abnehmer oder Zulieferer zu stark angeschlagenen Unternehmen, den Zombies, agieren“, sagt Winzer. „Die letzten Monate haben verdeutlicht, wie abhängig heute alle in den eng vernetzten Lieferketten voneinander sind. Fällt ein zentraler Zulieferer aus, weil er seinen Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommen kann, ist häufig schnell die Existenz gleich mehrerer weiterer Unternehmen in der gleichen Lieferkette bedroht. Wir empfehlen darum Unternehmen genauso wie Finanzierern, nicht nur isoliert auf die eigene Firma zu schauen – sondern bei der Identifikation größerer Probleme von Zulieferern oder Abnehmern schon jetzt auf diese zuzugehen und gemeinsame Lösungen zu erarbeiten. Nur so lässt sich das Risiko eines größeren Ausfalls abmildern.“

Quelle: FTI-Andersch

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